Sich die Hände schmutzig machen
Isabelle:
Eva, Du hast eine grosse vor allem aber aktive LinkedIn-Fan Gemeinde. Weisst Du warum Du Deine Community immer wieder aktivieren kannst, mit Dir zu diskutieren?
Eva:
((Schmunzelt)).
Nicht immer so ganz genau. Kannst Du es mir erklären?
Isabelle:
Vielleicht weil Du eben nicht NUR redest. Du hast auch was zu sagen.
Und das sag ich jetzt nicht nur weil’s so gut zu «meinem» Hashtag #waszusagenhaben passt. 😊
Ich kann mich auf die Relevanz Deiner Hinweise verlassen und ich mag Deine knackigen Zusammenfassungen und Inputs, wenn Du gerade was gelesen oder gehört hast, was Dich inspiriert.
Eva:
Danke, das lass ich gerne so stehen.
Machst Du Dir beim Arbeiten eigentlich gerne die Hände schmutzig?
Ja! Und wie. Am liebsten steige ich gleich knietief rein in Problemstellungen und somit auch ins Arbeiten.
Oh das kenn ich. Geht mir gleich.
Das ist aber nicht immer der bequemste Weg.
Nein. Aber aus meiner Sicht sehr zielgerichtet. Wenn Unternehmen zu uns kommen und sagen, helft uns bitte, dass unsere Leute besser zusammen arbeiten, lautet unsere Antwort:
“Super! Dann lasst uns doch gleich loslegen und machen”.
Habt Ihr ein Geheimrezept?
Wir fangen gleich mit der Zusammenarbeit an, ohne lange Reden zu schwingen und detaillierte Konzepte zu schreiben. «besser zusammen arbeiten» kann man nicht «lehren» oder «beraten».
Unser Motto beim Arbeiten mit unseren Kunden lautet: Mit klaren Regeln, mit guter Kommunikation, mit offenem Austausch, mit einer Kultur die auf Vertrauen baut - Schritt für Schritt.
In den Projekten arbeiten wir MIT MENSCHEN zusammen, als Team, nicht als externer «Berater» oder so, sondern als Mit-ArbeiterInnen.
Wie beschreibst Du Dein Tätigkeitsfeld?
Menschen helfen, besser.zusammen.arbeiten zu können.
Technisch begreifen, worum es geht und menschlich mit der Realität des Arbeitsalltages, voller Widersprüchlichkeiten, Unstimmigkeiten, Unvollständigkeiten und ändernden Rahmenbedingungen damit umgehen zu können – ohne unterzugehen.
Magst mir ein Beispiel für aktuelle Projekte geben, an denen Du mit Deiner Firma coeco arbeitest?
Aktuell sind wir in einigen Projekten drin, bei denen es darum geht, an einem konkreten Tool (z.B. CRM-Tool oder auch ganz einfach Office 365 mit Fokus auf Teams) zu üben, wie die Leute besser zusammen arbeiten können über Abteilungs-und Teamgrenzen hinweg. Projektbezogen, offen, konstruktiv, trotz Hierarchie-Struktur.
Welche Themen stellt ihr dann ins Zentrum?
In Aufträgen wie diesen geht es um Rollenklärungen, Spielregeln-Definition und dann ums Umsetzen, Umsetzten, Umsetzen im Joballtag. Da scheitern dann die Meisten, weil niemand den Prozess führt, Regeln völlig unstrukturiert und willkürlich eingeführt werden, nicht reflektiert und korrigiert werden.
Sprichst Du mangelndes Verantwortung übernehmen an?
Nun - wenn «vernetztes» Arbeiten und Ansprüche von mehr «Selbstorganisation» auf die Ansprüche der herrschenden klar hierarchisch organisierten Strukturen treffen und die Rollen und Spielregeln nicht klar definiert und verbindlich gehandhabt werden – dann «chlöpfts».
Was hilft dabei?
REALISTISCHE Spielregeln, die der Alltagsrealität nahe sind (Dilemma zwischen agilem Projektmanagement und hierarchischen Strukturen inkl. Führung und Bild von «Weisungsbefugnissen» etc.) entsprechen. Dabei geht es weniger um Lösungen, die «richtig» sind (denn das ist schwierig in Dilemma-Situationen) sondern um Lösungen, die realistisch sind im Sinne von tragbar (von den Involvierten). Dahinter steckt viel mehr Kommunikations- und Beziehungsarbeit hin zu Konsens, als reine Check-Liste-Mentalität von «richtig und falsch».
Stellst Du “richtiges Handeln” “realistisch Machbarem” gegenüber?
Nicht als Gegensatz, aber als Gegenüber, ja.
Da sind wir beim Kern der (digitalen) Transformation angekommen: Beim Umgang miteinander bei Gleichzeitigkeit von legitimen gegensätzlichen Optionen.
Nicht wer hat «Recht» sondern was ist aus mehreren Blickwinkeln am zielführendsten für das, was zu tun ist.
Erst kürzlich hast Du Dich mit einem Deiner Posts stark aus dem Fenster gelehnt: Es ging um standardisierten Budget-Zyklen mit den ewig gleichen Positionen, welche der Veränderung im Wege stehen. Über was regst Du Dich so auf?
Was heisst schon aufregen?
Ich mache halt einfach darauf aufmerksam, dass der Fisch vom Kopf her stinkt. Bzw. dann, wenn er nicht richtig gefüttert wird – also wenn so wichtige Themen wie «Enabling» und «Weiterbildung» keinen fixen und relevanten Platz im Jahresbudget einnehmen, dann kann Weiterentwicklung nicht zum Fliegen kommen.
Und was empfiehlst Du?
Eigentlich appelliere ich - Empfehlung dünkt mich zu schwach:
Leute, budgetiert Geld UND Manpower (Zeit) für das, was neu gelernt werden soll. Nicht on top, sondern on the job.
Lernen ist eine Investition. Wer meint, ohne Investition (welcher Art auch immer, ob Zeit oder Geld oder beides) auf die nächste Stufe zu kommen, hat falsch gedacht. Punkt.
Transformation im Nebenamt funktioniert demnach nicht?
Natürlich nicht!
Woran machst Du das fest?
Am Unternehmensbudget. Das lässt jeweils tief blicken:
Am Budget im Sinne von «an den zur Verfügung gestellten Ressourcen in Form von Zeit und Geld» zeigt sich, wie ernst es ein Unternehmen mit der «Transformation» meint: Nur Implementierung von Tools auf den billigen Plätzen oder tatsächliche Weiterentwicklung als Unternehmen, die wirklich bereit sind die Schulbank zu drücken, und das heisst als Summe aller Mitarbeitenden, die sich weiterentwickeln können und wollen.
Was sollte sich in der Budgetierungs-Praxis von KMU verändern, wenn ein grosses Change-Projekt ansteht?
Es gibt keine Veränderung ohne langfristige Investition.
Wer meint, man könne weitermachen wie gehabt und dann obendrauf noch ein Veränderungsprojekt führen, wird scheitern. Garantiert.
Das setzt ein klares Comittment auf oberster Stufe voraus. Erlebst Du das auch so?
Ja. Comittment, Führung und Geduld.
Veränderung braucht Zeit und zwar nicht nur Zeit die vergeht – sondern investierte Zeit für die Veränderung. Geführte, strukturierte Prozesse.
Hast Du hierzu eine Art Grundregeln, die es zu Verfolgen gilt?
Man sollte dabei nicht auf Kosten der Mitarbeitenden und ihrer bereits verplanten Zeit verändern wollen: Menschen müssen Zeit für ihre eigene Veränderung bekommen. Das wirklich schwierige daran ist, abzuschätzen, wieviel es sein kann und soll : Eine Frage der Investition und klaren Führung des Prozesses.
Warum interessiert Dich das?
Weil wir mit dem Thema «Ressourcen» zur Verfügung stellen, Raum und Zeit für Schulungen der eigenen Leute bei einem zentralen Hebel angekommen sind, wie Technologie-Einführungen gelingen oder eben meistens nicht:
Es hängt nicht an den Tools (die technisch super sind)
Es hängt nicht an den Menschen (weil sie zu doof sind, nicht wollen, nicht können)
Sondern: Es fehlt an Raum und Zeit für Training. (Und davor fehlt ganz viel Raum und Zeit für eine saubere Bedarfsanalyse, inkl., Beteiligung jener Berufsgruppen und User in einem Unternehmen, die danach dann auch mit dem neuen Tool arbeiten sollen, dürfen, müssen – aber das ist ein anderes Thema😉)
Wer Dir auf LinkedIn folgt oder ab und zu mit Dir diskutiert, weiss, dass Du den Menschen über alles setzt. Tools kommen im 1:1 mit Dir immer erst an zweiter Stelle.
Ich setze einen konstruktiven, kooperativen Menschen voraus.
Menschen, die nur Recht behalten wollen, sich nicht ändern wollen, destruktiv sind, auf Kosten anderer unterwegs sind, diese Menschen setze ich nicht über alles.
Grundsätzlich will ich die Motivation dahinter verstehen: Kann man anknüpfen oder nicht? Ist ein Durchkommen und gemeinsames Weiterkommen möglich? Immer aus der Perspektive der Führung, mit psychologischem Interesse – ohne Anspruch auf Psychiatrische Kompetenzen.
Hier liegt die Abgrenzung unseres Handelns bei coeco und auch mein Eigenes. Gewisse menschliche Dimensionen brauchen andere Mittel als unsere Art von Coaching. Da bin ich dann raus.
© - Autorin: www.isabelle-sailer.ch